Vitamin-K … das (fast) unbekannte Vitamin

Forschungen der letzten 20 Jahre haben die Bedeutung dieses wenig bekannten Vitamins für unsere Gesundheit in einem ganz neuen Licht erscheinen lassen. Ergebnis: es gibt nicht nur ein Vitamin-K, es handelt sich um einen Vitamin-Komplex.

 

Meistens führen uns Probleme zu neuer Erkenntnis

In den 1930er Jahren trat eine merkwürdige Hühnerkrankheit auf. Viele Tiere verendeten durch rätselhafte Blutungen. Abhilfe war dringend nötig und wurde 1935 gefunden. Den Hühnern fehlte eine Substanz, die in Gemüse, Innereien und Eiern vorkommt. Man gab dieser Substanz den Namen Vitamin-K (chemisch: phylloquinone). Es ist ein „echtes“ Vitamin. Ohne Vitamin-K würden wir bei der kleinsten Verletzung verbluten. Dies gilt nicht nur für Hühner und Menschen, auch für Mäuse, Ratten usw. Da das Vitamin-K die Blutgerinnung möglich macht, hat man es als „Koagulationsvitamin“ mit dem Buchstaben „K“ bezeichnet.

 

Der Vitamin-K Komplex

Das vor 80 Jahren gefundene Vitamin-K bekam durch Forschungen über die Jahrzehnte gewissermaßen Kollegen. Das zuerst gefundene Vitamin-K (phylloquinon) wurde zum Vitamin-K1, die neuen Substanzen aus diesem Komplex bekamen den Namen Vitamin-K2  (menoquinon). Die Versorgung mit Vitamin-K1 über die Ernährung ist durchaus möglich. Aus dem Gemüse werden allerdings nur geringe Mengen aufgenommen. Ein Grund meh,regelmäßig Gemüse zu essen. Vor einer Überdosis Vitamin-K1 müssen wir keine Angst haben. Es kann nicht zu Verklumpungen im Blut kommen.

 

Die sensationellen Wirkungen des Vitamin-K2

Hier steigen wir ein in die Forschungsergebnisse der letzten Jahre. Da wird uns die unheimliche Zwangsläufigkeit der „modernen Seuchen“ wie Arteriosklerose, Herzkrankheiten und Osteoporose deutlich. Das europäische Forschungszentrum zum Vitamin-K ist an der Universität Maastricht/Niederlande angesiedelt. Die große, im Jahr 2004 veröffentlichte Rotterdam Studie ergab für die Patientengruppe mit einer hohen Vitamin-K2-Aufnahme ein um 57% vermindertes Risiko, an einer Herz-/Gefäß-Krankheit zu sterben. Wenn dies mit einem Medikament möglich wäre, hätte man es als Sensation in allen Medien veröffentlicht. Es ist aber „nur“ ein lebenswichtiges Vitamin, unverzichtbar für unsere Gesundheit. Diese Schutzwirkung ist nur der Anfang, es kommt noch besser.

J Nutr. 2004 May;144(5):743-50 / Vitamin-K supplementation and progression of coronary artery calcium in older men and women, Am J Clin Nutr. 2009 Jun;89(6):1799-807 / J Nutr. 2014 May;144(5):743-50 /

 

 

Wie ist diese Vitamin-K2 Wirkung möglich ?

Anfang des 21. Jahrhunderts wurde eine Gruppe von Proteinen erforscht, die Gla-Proteine, die offenbar auch für die Vermeidung einer Arteriosklerose sehr wichtig sind. Das Vitamin-K2 ist für die Aktivierung von 16 Gla-Proteinen erforderlich. In den Gefäßwänden unserer Blutgefäße wird das Matrix-Gla-Protein (MGP) gebildet. Seine Aufgabe ist es, einerseits die Ablagerung von Calcium in unseren Arterien zu verhindern, andererseits die Einlagerung von Calcium in die Knochen zu fördern. Allein das Vitamin-K2 ist in der Lage, dieses Matrix-Gla-Protein zu aktivieren. Nur mit den beiden Formen des Vitamin-K2 (menaquinon-4, menaquinon-7) ist diese Umwandlung und damit der optimale Schutz vor einer „Versteinerung“ unserer Arterien möglich. Wenn wir ebenfalls regelmäßig genügend Magnesium aufnehmen, sind zwei wichtige Voraussetzungen erfüllt für ein angenehmes Älterwerden bei erstaunlich guter Gesundheit.

The realm of vitamin-K dependant proteins: shifting from coagulation toward calcification, Mol Nutr Food Res. 2014 Feb.17 / Vitamin K status and vascular calcification. Adv Nutr. 2012 Mar;3(2):158-65

 

Die beiden Formen des Vitamin-K2

Als Vitamin-K2 bezeichnet man zwei Substanzen, menaquinon-4 und das länger und intensiver wirksame menaquinon-7. Beide Formen können aus dem Vitamin-K1 im Darm in geringen Mengen gebildet werden, wenn die bakterielle Darmflora in Ordnung ist. Das ist heute eher die Ausnahme. Die Nahrungsquellen an Vitamin-K2 sind nicht ergiebig. Milchprodukte aus Rohmilch sind schwer zu bekommen. Die bis vor ca. 50 Jahren übliche Gemüse-Konservierung durch Fermentation ist nur noch beim Sauerkraut üblich. Kühlschränke, Gefriertruhen und unsere Bequemlichkeit haben diese idealen natürlichen Quellen von Vitamin-K2 verschwinden lassen. Da müssen wir uns nicht wundern über Krankheiten wie Herzinfarkt, Osteoporose oder Krebs, die in früheren Zeiten sehr selten waren.

 

Osteoporose und Vitamin-K2

Wir lesen und hören immer noch Empfehlungen bei schwindender Knochensubstanz, 1.000mg Calcium + Vitamin-D3 täglich einzunehmen. Diese Empfehlung kann nicht die Lösung bei Osteoporose sein. Wir müssen unserem Organismus die Möglichkeit geben, diese gewaltige (fast gefährlich große) Menge Calcium in die Knochen einzubauen. Das kann er nur, wenn zugleich Magnesium ausreichend verfügbar ist. Nur dann kann eine feingliedrige, stabile Knochenstruktur gebildet werden. Magnesium ist für die Vermeidung von Fehlablagerungen von Calcium unverzichtbar, für den Erhalt unserer Muskulatur (auch des Herzmuskels) nicht weniger.

Die spezielle Steuerungswirkung des Vitamin-K2 sollten wir zusätzlich immer dann nutzen, wenn eine Tendenz zur Gefäßverkalkung erkennbar wird (Halsarterien, Herzkranzgefäße, Herzklappen usw.).

Wir können uns weder eine „Versteinerung“ unserer Adern, noch eine Ablagerung von Calcium im Bindegewebe oder Organen (z.B. Nieren) leisten. Moderne Hightech-Body-Scanner zeigen bei vielen Patienten ganz deutlich Ablagerungen von Calcium an Stellen, wo erhebliche gesundheitliche Probleme langfristig kaum zu vermeiden sind.

Osteocalcin kann sich ohne Vitamin-K2 nicht bilden!

Osteocalcin: unverzichtbar für die Knochen-Neubildung

Erst 1975 wurde das Osteocalcin als Peptidhormon entdeckt. Nicht nur Menschen, alle Wirbeltiere benötigen es für die ständige Regeneration des Knochensystems. Unsere Knochen und Wirbel sind lebendige Teile unseres Körpers, in denen ständig Aufbau und Abbau stattfindet. Das darf auch nicht aufhören, wenn wir erwachsen sind. Gesunde, stabile und dabei elastische Knochen kann es nur geben, wenn Abbau und Aufbau im Gleichgewicht sind. Diese ideale Balance ist nicht in allen Lebensphasen einfach zu erreichen.

Osteocalcin wird in unseren Knochen (und Zähnen) gebildet. Für seine Aktivierung sind Vitamin-D3 und Vitamin-K2 erforderlich. Die Notwendigkeit einer ausreichenden Aufnahme von Vitamin-D3 ist mittlerweile unbestritten. Die Rolle des ebenso wichtigen Vitamin-K2 muss erst noch bekannter werden, bevor es bei der Osteoporose-Behandlung neue Fortschritte geben kann. Grundsätzlich möglich sind sie bereits heute, wenn wir die Forschungsergebnisse berücksichtigen, die in führenden medizinischen Fachzeitschriften veröffentlicht wurden. Bei häufig verordneten Osteoporose-Medikamenten wie Alendronat (Biphosphonate) führt erst die zusätzliche Einnahme von Vitamin-K2 zu einer erhöhten Knochendichte.

Vitamin-K2 supplementation improves hip bone geometry and bone strength indices in postmenopausal women; Osteoporos Int. 2007 Jul;18(7):963-72 / The effect of menaquinon-7 supplementation on circulating species of matrix Gla protein, Atherosclerosis, 2012 Dec;225(2):397-402 / Three year low-dose menaquinon-7 supplementation helps decrease bone loss in healthy postmenopausal women; Osteoporos Int. 2013 Sep;24(9):2499-507 / J Bone Miner Metab. 2008;26(3):260-4  (Alendronat+Vitamin-K2) /

Es wächst die Erkenntnis: Vitamin-K2 kann in unserem Organismus positive Wirkungen auslösen, die kein Medikament „leisten“ kann, egal wie teuer es ist. Dies trifft natürlich für ein „Schlüssel-Mineral“ wie Magnesium genauso zu.

Vitamin-K2 für unsere Nieren ?

Recht weitgehend bekannt ist die Schutzwirkung von Magnesium vor Calcium-Ablagerungen in den Nieren. Seit 20 Jahren warnen wir vor Calcium-Einnahmen ohne sichere, hochwertige Magnesiumversorgung. Vitamin-K2 bietet einen noch höheren Schutz. Dies wird deutlich bei Dialyse-Patienten, die ein sehr hohes Risiko der Gefäßverkalkung haben. Dosierungen von 135-360mcg Vitamin-K2 reduzieren das Risiko um erhebliche 77 – 93%.

Am J Kidney Dis. 2012 Feb;59(2):186-95

 

 

 

Vitamin-K und Krebs

Beeindruckt von der außergewöhnlich umfassenden Wirkung dieses wenig bekannten Vitamins, haben sich viele Forscher dieser Frage gewidmet. In Gewebekulturen zeigte sich bald eine starke, krebshemmende Wirkung. Das Heidelberger Krebszentrum hat in einer Prostata-Krebsstudie an Patienten (EPIC-Heidelberg) ein um 63% niedrigeres Prostata-Krebs-Risiko bei Einnahme von Vitamin-K2 festgestellt. Ein ähnlicher Schutz scheint auch vor einigen anderen Krebsarten zu bestehen.

Am J Clin Nutr. 2008 Apr.;87(4):985-92

 

 

Nebenwirkungen Vitamin-K ?

Auch bei höheren Dosierungen sind keine Probleme bekannt. Dies gilt für alle fermentierten Gemüse, die mit entsprechender Starter-Kultur (bacillis subtilis) durchaus hohe Werte erreichen können. Auch Kapseln, deren Vitamin-K2 aus der weltweit besten Quelle Natto (fermentierte japanische Soja) gewonnenem Vitamin-K2 stammt, werden sehr gut resorbiert und bestens vertragen.

Vitamin-K kann sehr hohe Dosierungen von Vitamin-D3 verträglicher machen. Unverträglichkeiten bei sehr hohen Dosierungen von Vitamin-D3 (deutlich höher als 5.000-6.000 IE/Tag) kann es bei einem gleichzeitigen Mangel an Vitamin-K geben. Diese beiden Vitamine ergänzen sich sehr gut. Beide werden über Fette am besten aufgenommen. Deshalb ist die Einnahme zu einer Mahlzeit optimal.

 

Eine wichtige Einschränkung

Nicht wenige Patienten   (Rhythmusstörungen, künstliche Herzklappen, Bypässe, Stents usw.) müssen Blut verdünnende Medikamente einnehmen (Koalugationshemmer). In diesen Fällen sind höhere Dosen als 45 mcg Vitamin-K2, wenn überhaupt, nur unter sorgfältiger Abstimmung mit dem Arzt möglich. Die Einnahme von niedrig dosiertem Vitamin-K2 (45mcg) ist auch in diesen Fällen möglich, sollte aber mit dem behandelnden Arzt abgestimmt werden. Das einfache Absetzen der Medikamente ist auf keinen Fall möglich !!

Eine große Gruppe von Blutverdünnern wie Coumadin (Warfarin) verhindern den Schutz des Vitamin-K2 vor der Einlagerung von Calcium in Arterien, Organen und Geweben.

Diese problematische Nebenwirkung vieler (nicht aller) Koagulationshemmer kann mit der niedrigen Dosis Vitamin-K2 (45mcg) reduziert, bzw. verhindert werden.

Blood Rev.2012Jul.26(4):155-66 / Kidney 2013; May  83(5):835-44